Aphrodite: Leider. Dafür trafst du auf eine Gegnerin des Zeitgeists, wie mich.   
Lutz: Du meinst Petra Kübler. Ihre Mutter fand es besser, wenn Petra statt mit mir mit Mädchen spielte. Petra verteidigte mich sogar. Doch eigentlich wollte sie eigenständig sein. Denn die Mädchen in ihrer Siedlung waren ihr zu albern und konkurrenzbewußt.   
Aphrodite: Dafür kam euere Freundschaft ohne das beliebte Ärztespiel der Anderen aus. Helgas Besuch ließ mir den Eindruck entstehen, das war vielleicht das andere Extrem.   Lutz: Du meinst, als Helga aus Norderney unbedingt ins Kino wollte.   
Aphrodite: Genau. Bei euch im Aero-Kino lief “Liane, das Mädchen aus dem Urwald”. Doch der Zeitgeist verdarb mal wieder alles, er nannt den Film einen Skandal.   
Lutz: Jettchen fürchtete, ich könnte verdorben werden. Dabei gab es nur als Ganzes zu sehen, was mir im Ärmelausschnitt von Carola als reizvolles Profil schon aufgefallen war.   
Aphrodite: Carola Schmidt war real, Marion Michael nicht. Mädchen wurden durch Brüste für dich begehrenswert. Nur Jettchen’s Gedanken zur Liebe hinderten dich.   
Lutz: Wie meinen Vater reizte mich, was ich bewunderte, zum Berühren. Doch was hatte ich diesem Reizvollen entgegenzusetzen? Mädchen waren einfach unerreichbar.   
Aphrodite: Deinen Ausbruchversuch im Landheim in Rohden hat die ganze Klasse beobachtet. Du rangeltest mit Henning Dahlmann um seine Freundin Monika Winkler.   
Lutz: Ich müßte mich heute noch bei beiden entschuldigen. Unsere Stars Carola und Elke mit ihren modernen Pferdeschwänzen und engen Pullis machten mich noch kleiner.   
Aphrodite: Du fandest dich nicht wert, solche Schönheit zu begehren. Mich trieb das wieder zu meinem Zauberer der Technik. Natürlich kam von ihm ein Rat.   
Lutz: Was für eine Begegnung solltest du dieses Mal arrangieren?   
Aphrodite: Eine, bei der bei dir keine Angst vor Erwartungen aufkommen konnte.   
Lutz: Und plötzlich begegnete ich ohne mein Zutun einem Mädchen. Du gabst Dagmar den letzten Schubs, als sie sich entschied, nicht Oma sondern uns zu besuchen.   
Aphrodite: Fürs Begehren fehlte Dagmar die Brust, die du so gern berührt hättest. Du kanntest Dagmar. Vor ihr hattest keine Angst. Jetzt konnte nichts mehr schief gehen.   
Lutz: Das stimmt. Trotzdem fegte Dagmar mit ihrem Besuch Konventionen beiseite. Heute würde der Geist der Zeit sich’s Maul zerreißen und das Fernsehen informieren!   
Aphrodite: Ich kann mich erinnern, wie deine Mutter erschrack. Alle warnten vor bösen Onkels und die Achtjährige kam allein mit dem Fahrrad über Land.   
Lutz: Bis zu dem Augenblick trafen wir uns zum Spielen im Garten bei Oma und Opa.   
Aphrodite: Jetzt hatte Jettchen euch vor Augen, zwei Welpen, die umherstromerten.   
Lutz: Den Güterbahnhof, Waggons und Böschung waren Orte, wo selten jemand war.   
Aphrodite: Kleine Mädchen lieben es, “Geheimnisse” zu haben, mit einander zu flüstern.   
Lutz: In Langenhagen mußte es etwas dafür geben, was es sonst nirgends gab.   
Aphrodite: Für ihre Geheimnisse brauchen kleine Mädchen einen Welpenkorb. Keiner soll hören, was man sich kichernd erzählt.   
Lutz: So einen Korb fanden wir auf dem Dachboden. Da verirrte sich selten jemand hin.   
Aphrodite: Manchmal erlaubt mein Flüstern Vertraulichkeit und ich gewinne ein Pendant.   
Lutz: Dagmar störte nicht, daß ich ein Junge war und ich hatte Spaß daran, zuzuhören und zu erzählen. Ich glaubte zu verstehen und fühlte mich verstanden.   
Aphrodite: Nur allein wart ihr nicht. Für mich war ein ganz junges Paar kurz davor, mich zu erkennen. Nicht einmal die älteren Daphnis und Cloe haben das geschafft! Noch heute erinnert Dagmar sich gern an das kleine rote Haus auf dem Güterbahnhof.   
Lutz: Ich versuche, die Annäherung mit Dagmar zu rekonstruieren. Erinnerung ist leider kein Film, der gespeichert ist und den man einfach abrufen kann. Da weißt du mehr!   
Aphrodite: Die Jüngere brachte den Älteren dazu, auf Abstand zu gehen. So konnten sie sich erneut einander nähern. So war es gelungen, Annäherung wiederholen zu lassen.   
Lutz: Bist du über unsern Umzug so traurig wie wir? Dort fehlte der Welpenkorb!   
Aphrodite: Das stimmt, Dagmar fand eure neue Wohnung nicht anders als ihr Zuhause. Damit verhindern Zeitgeists Konventionen wieder einmal, sich mir zu nähern.   
Lutz: Der Verzweifelten muß der liebende Hephaistos natürlich wieder helfen.   
Aphrodite: Ich war auf mich selbst hereingefallen. Für Hephaistos fehlte nur ein Schritt! Er fand, jede unserer Begegnungen hätte mir doch eine völlig neue Welt geschenkt.   
Lutz: Wie will er dieses Mal unmöglich Erstarrtes in Bewegung bringen?   
Aphrodite: Hephaistos brummt nur: Unmögliche Reaktionen lösen nur Katalysatoren aus.   
Lutz: In der Chemie beschleunigen sie Reaktionen oder lenken die in bestimmte Bahnen.   
Aphrodite: Doch wenn die Natur eine Reaktion zulassen soll, darf sie in diesem Fall keine Spuren an den Katalysatoren hinterlassen.   
Lutz: Katalyse steuert fast alle chemischen Lebensvorgänge. Warum soll es keine Katalysatoren geben, die eine unsichtbare Göttin der Liebe sichtbar werden läßt?   
Aphrodite: Ich muß einen Katalysator finden, der dich so reagieren läßt, daß du mich siehst. Dann kann ich dich lehren, wie man das Verschmelzen von Diotima erreicht.   
Lutz: Katalysis ist Auflösung, Beendigung, aber auch Herberge. Der Ort der Einkehr wäre eine Chance, dein Ziel zu erreichen. Wie gut, daß du nicht längst aufgegeben hast.   
Aphrodite: Die Auflösung brauche ich im Kampf gegen den Zeitgeist. Du erkennst mich nur ohne ihn. Also ring weiter um jedes einzelne Wort. Dein letzter Satz läßt erscheinen!   
Lutz: Ich ahne das. Nur wer auch mit den Augen kommuniziert, nähert sich wirklich an. Erst Mimik und die Augen machen Worten eindeutig. Ich hoffe, ich bin nicht geblendet, wenn ich dich endlich sehen kann.   
Aphrodite: Du landest in meinem Welpenkorb! Kannst du mich erst richtig hören, wirst du mich auch sehen können. Und mit dem Sehen werden die schlafenden Sinne geweckt!

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