Lutz: Nach der Hochzeit deiner Tochter Harmonia mit Kadmos brach der Kontakt ab.
Aphrodite: Prometheus verärgerte Zeus. Zeitgeist riet ihm, die Menschen zu ächten.
Lutz: Meine Aversion gegen den Zeitgeist wächst ins Unerträgliche.
Aphrodite: Ich war ihm zu elitär. Er wollte Liebe mehrheitsfähig. Die Mehrheit hat Recht!
Lutz: Du Arme! Mehrheit bedeutet kleinster gemeinsamer Nenner. Aus Liebe wird Sex!
Aphrodite: Daß ich mich auf dem Olymp nicht mehr sehen ließ, begeisterte Zeitgeist.
Lutz: Er schenkte Hera mit “seinem” Sieg die Idee vom “schönsten Tag des Lebens”.
Aphrodite: Jede Braut hat nur den schönsten Tag im Kopf, nicht aber ihr Leben danach.
Lutz: Hera’s Ehe verspricht Versorgung. Bräute dienen nur, die Dynastie zu erhalten.
Aphrodite: Von diesem Dienst versprechen Zeitgeists Brautwerber unerhörte Seligkeit.
Lutz: Heute, im Zeitalter der Werbung, wirbt der Zeitgeist pentrant gleichgültig für Alles. Werbung macht mich leiden, weil es nur um den Erfolg aber nie um die Sache geht.
Aphrodite: Zeitgeists willigsten Helfer nennt ihr den “Inneren Schweinehund”.
Lutz: Damit verbinde ich Zeitgeist’s Chauvis, die Mädchen vorzuziehen scheinen.
Aphrodite: Du meinst die Mädchen, die in deiner Jugend auf Mopedfahrer “abfuhren”. Die glaubten auch, sie könnten ihre Liebhaber nach ihrem Ideal noch umformen.
Lutz: Das geht bei Besitz, nicht bei Zuwendung. Ohne eine Spur von Hoffnung würdest du dich bei solchen Erfahrungen sicher um mich nicht so bemühen.
Aphrodite: Hephaistos schmiedet eherne Verbindungen. Er arbeitet gern antizyklisch. Er ist dem Zeitgeist immer voraus. Er versteht mich auch als Gott wie kein anderer.
Lutz: Auch ich finde Kraft in meiner Arbeit. Was meint Hephaistos mit antizyklisch?
Aphrodite: Bei der Liebe, was bisher abgestieß. Zeus. Auch Zenking beginnt mit “Z”.
Lutz: Nach meinem Versuch, “Lutz-Henning” zu sagen, nannte mich Jettchen Zenking.
Aphrodite: Deine arme Mutter. Immer wolltest Du deinen Willen durchsetzen.
Lutz: Bekam ich ihn nicht, warf ich mich auf dem Boden und hielt die Luft an, bis ich blau anlief. Suchtest du Hephaistos Gegenteil, Zeus? Ich mag keine ignoranten Chauvis.
Aphrodite: Ja Zeus, den Macho! Er schrie, bis er blau anlief. Du kamst mir wie gerufen.
Lutz: Welche Kombination! Ich fliehe, kommt mir ein Schreikind nur in die Nähe.
Aphrodite: Jetzt sehnst du dich nach Ausgleich. Den wünschte ich mir oft seit damals.
Lutz: Trotz der Bomben kamst du? Unsere Wohnung war zerstört. Wir wohnten bei Ida.
Aphrodite: Ida war im Griechischen der Geburtsort von Zeus. Mag sein, das wußte Idas Mutter nicht. Aber Zeus Geschrei und dein Ersticken paßten irgendwie zusammen.
Lutz: In unserer Sprache soll Ida von Itis “Frau” kommen. Schwere Herzen gehen zu weisen Frauen. Ida’s Antworten gaben jedem Leid einen neuen Dreh.
Aphrodite: Wie die Sorgen in ihrem Kopf drehte Ida ihre Daumen, vorwärts und zurück. Sie verließ sich oft auf mich. Ich hoffte auf sie und riet ihr, dir Sprechen beizubringen.
Lutz:. Meinst du, ich war so eklig, weil ich schon wortlos nach Worten suchte?
Aphrodite: Mag sein. Hephaistos stützte meine Wahl. Er fand: Nur wer ringen muß, erreicht Tiefe. Er mocht Sophie, nicht nur, weil sie Hellas Weisheit im Namen trug.
Lutz: Dann erinnerten ihn meine Opas allein vom Namen “Wilhelm” her an Zeus?
Aphrodite: Hephaistos setzte alle Hoffnung in Henny. Sie kämpfte immer ums Leben. Wie zu Ida und Sophie kamen viele aus dem Dorf, nur um ihre Worte zu hören.
Lutz: Erst mußte sie eine arbeitslose Familie ernähren, dann trotzte sie der Tuberkulose. Die hatte sie und ihren bewunderten Sonnenschein, Tini, erwischt.
Aphrodite: Männer umschwärmten Tini. Jettchen war aber so beschäftigt, daß sie nicht merkte, daß Tini auf Andere wirkte, weil sie auf alle zuging und so für sich einnahm.
Lutz: Nach Tinis Tod wehrte sich Henny dagegen, vollends zur Verliererin zu werden.
Aphrodite: Gegen den Rat aller Ärzte setzte sie alles auf eine Karte und bekam dich.
Lutz: Weil ein Kind unerreichbar gewesen war, wurde die Beziehung dann um so enger.
Aphrodite: Ich erlebte, wie Recht Hephaistos gehabt hatte. Sehnsucht braucht Worte!
Lutz: Jeden Sonntag im Bett unserer Eltern “räuberten wir uns was vor”, wie Jettchen sagte. Nichts ist scheller, als das Wort. Nicht nur mit Steno Jettchen ging dagegen an.
Aphrodite: Am dichtesten wart ihr euch in Diedersen auf der Wiese vor dem Walde.
Lutz: An der Meierbreite zeigte deine häufige Anwesenheit Wirkung, als sie seufzte: Ich weiß nicht, was die Menschen für ein Aufheben mit dem Geschlechtsverkehr machen.
Aphrodite: Doch er befriedigte sie, ihren Mann damit glücklich zu machen.
Lutz: Für mich sprach sie in Rätseln. Aber Liebe mußte etwas ganz Besonderes sein.
Aphrodite: Von dir aus wurdest du sehr selten aktiv. Doch Liebe ist sich Annähern!
Lutz: Ich fand mich als Schuljunge schon aktiv, wenn ich mit Mädchen spielte.
Aphrodite: Jungen machten dir auch Angst. Die traten noch dazu in Banden auf.
Lutz: Ich spielte mit meinem Bruder. Er verteidigte mich immer. Dann versuchte er, mir beizubringen, mich zu wehren. Er forderte mich heraus. Ich wehrte mich und tat ihm weh.
Aphrodite: Seine Reaktion hielt dich von jedem weiteren Versuch ab. Bald ging dein Bruder seiner Wege. Schon mit Dreizehn begann er eine Lehre.
Lutz: Ich kam oft von der Schule zu spät nach Haus. Mit Bärbel Kohlrust und anderen Mädchen aus den Eisenbahnerhäusern hatte ich Verstecken gespielt.
Aphrodite: Im gemeinsamen Versteck schlug dein Herz höher, aber das war es auch. Bei Angela Schorsch fandest du Worte, als ihr euer Kasperltheater einübtet.
Lutz: Wir improvisierten ja auch mit Handpuppen. Unser Lachen verbinde ich mit dem Geruch des Rottenzimmers vom Güterbahnhof. Den habe ich immer noch in der Nase.
Aphrodite: Das Stück kam gut an. Aber Angela tauchte wieder in ihre Clique ein.
Lutz: Ein Mädchen habe ich sogar verteidigt. Ich hätte gern mehr mit ihm gesprochen.
Aphrodite: Ja, du stelltest dich vor die kleine Zigeunerin, als die Anderen ihr mit Prügel drohten. Bei deiner Reaktion fühlte ich Hepaistos Rat mehr als bestätigt.
Lutz: Doch sie kam nicht mehr zur Schule. Die Zigeuner waren weitergezogen.